14
13
12
11
10
09
08
07
06
05
04
03
02
01
00
99
98
97
96
95
94
93
92
91
90 |
|
|
15.
Pfingstsymposion München 2004
Samstag |
29. Mai |
Sonntag |
30. Mai |
|
|
Kafkas
Erzählung „Vom Schweigen der Sirenen“ lässt
den Leser im Vagen, ob die Sirenen Odysseus nun mit ihrem
Gesang oder ihrem Schweigen betörten. Mit dem Wortspiel
Stimme – stimmt – gestimmt lädt das Symposion
zum Hören, Diskutieren, Nachdenken und Finden möglicher
unerwarteter Antworten ein. Wir wollen den Prozess des
Fragens aus der Musik heraus entwickeln und weiterentwickeln.
Die Ausgangspositionen mögen widersprüchlich, nicht schlüssig
wirken – eine Unschärfe-Position ist aber beabsichtigt.
In allen Musikkulturen nimmt die Stimme
einen zentralen Raum ein. Faszination wie Distanz gehen
von ihr aus. Sie gibt der Einmaligkeit eines jeden Menschen
Ausdruck. Für ihr Erklingen ist sie auf Resonanz angewiesen
und wiederum auf Resonanz angelegt. Was aber, wenn keine
Antwort kommt und Taubheit sich breit macht – Sprachlosigkeit
und Stimmlosigkeit raumgreifend werden? – Und das
volle Geschrei weiter anschwillt, da kaum einer noch hinhört?
„Wer schweigt, stimmt zu.“ Trifft dieses Sprichwort
den Nerv der Zeit, geben wir lieber unsere Stimme ab,
als dass wir sie erheben? Was birgt dieser Raum der Stimme
darüber hinaus?
Stimmigkeit – Gestimmt-Sein
Für den Musiker ist die richtige, fehlerfrei gestimmte
Tonhöhe, basierend auf dem allgemein gültigen Grundton
seines Instruments, maßgebend. Ein irgendwie Gestimmt-Sein,
eine Stimmung, die den Schwankungen je nach Tagesform
unter- liegt, passt nicht in das Gefüge dieses Zusammenspiels.
Trügerisches, täuschendes, zeitgemäßes Gestimmt-Sein?
Stimmt haargenau
oder auch nicht?
Das ist die Fragestellung dieses Pfingstsymposions.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
E M O
Y
Dieter Trüstedt
Musik-Installation im Foyer
Stimme und fahrbares Musikinstrument, aufgenommen am 17. März
2004 in der Emou-Straße, Athen
|
|
|
|
|
|
Samstag 29. Mai 19 Uhr
Begrüßung
Hymne – Miriam Clark
Die Stimmen der Doppelgänger
Thomas Macho
Doppelgänger
sind vielleicht erst seit der Romantik vorrangig visuelle,
optische Erscheinungen. Davor waren sie häufiger
„innere Stimmen“, die als Eingebungen, Anrufungen
hörbar wurden. In der Antike wie in heiligen jüdischen
und christlichen Schriften erteilen die inneren Stimmen
wesentliche Winke. In der spätantiken Gnosis wurde
die Erleuchtung nicht visuell, sondern akustisch erfahren
– als Ruf. Um die Doppelgänger zu hören,
um sie zum Sprechen zu bringen, wurden in den alten
Hochkulturen Orte aufgesucht, die weitgehend still waren:
Tempel, Höhlen, Friedhöfe, Berge, Kirchen
oder Wüsten. Wenn wir wirklich lesen, begeben wir
uns in stille Räume, um den Stimmen lauschen zu
können, die jede Lektüre evoziert.
Samstag 29. Mai 21 Uhr
Das Stimmen eines Flügels als ein Stück
Musik
Ein Stück des Stimmers Heribert Wünsch,
der immer wieder den Stimmschlüssel ansetzt
und so die Töne erst „komponiert“.
Diesen
Prozess versucht Hans Rudolf Zeller
zu visualisieren.
|
|
|
|
|
Sonntag 30. Mai 11 Uhr
Hymne – Miriam Clark
Pfingstereignis
und Glossolalie
Bernhard Grom SJ
„...
und sie fingen an, in anderen Zungen zu reden, wie der
Geist ihnen auszusprechen gab.“ Welche Zungen
und Stim- men ertönten damals im Kreis der Frauen
und Männer, die sich am Pfingstfest versammelt
hatten oder die später in der Christengemeinde
in Korinth glossolalisch redeten? Oder die heute in
Pfingstkirchen und charismatischen Gebetsgruppen dieses
„Charisma“ schätzen? Das Phänomen
der Glossolalie, des Zungenredens, wirkt in unserer
Kultur exotisch, und die ältere Psychologie kannte
es nur als Störung von Psychiatriepatienten. Neuere
Studien, die psychisch unauffällige Glossolalen
getestet haben, zeichnen ein nuancierteres Bild, das
– kunstgeschichtlich betrachtet – der „écriture
auto- matique“ der Surrealisten in manchem ähnlich
ist.
Sonntag 30. Mai 12 Uhr
Stimmhaftes
Texte von Andreas Heckmann (Vogelschau,
Nachtwachen) und Thomas Glatz (Pomologie) – eine
Lesung
Spiritual – Miriam Clark
Sonntag 30. Mai 16 Uhr
„Das Gegenteil ist auch falsch.“*
Ob
etwas stimmt oder nur in sich stimmig ist?
Fragen an die naturwissenschaftliche Forschung
„Man
muss die Natur knechten und foltern, damit sie ihre
Geheimnisse preisgibt.“ (Sir Francis Bacon) Lassen
sich diese Geheimnisse mit den bisherigen Forschungsmodellen
enträtseln, oder sind etwa neue gefragt?
Gesprächsteilnehmer:
Dr. Rainer Gruber, Prof. Dr. Ulla Mitzdorf,
Dr. Jörg Schäffer, Ulrike Trüstedt frägt.
* in memoriam Ute Stammberger
Hymne – Miriam Clark
Sonntag 30. Mai 19 Uhr
Vom
Verstummen der Schreihälse
Theo Geißler
Als ein – wie er sich selbst sieht – Schreihals
im Konzert der Musik-Publizisten berichtet Theo Geißler
ganz subjektiv über Verschleiß-Erscheinungen, Verzweiflungs-Taten
und Mut-Anfälle in seinem Metier. Und über den Reiz
eines Lernprozesses, vor dem er sich bisher gedrückt
hat:
Über das Leise-Werden.
Sonntag 30. Mai 21 Uhr
for bunita marcus
Morton Feldman
Sabine
Liebner, Piano
Morton Feldman zu seinem Stück, das
er 1985 komponierte und dessen extreme Zeitdauer den
Rahmen eines normalen Konzertes durchbricht:
„Ich weiß wirklich nicht, wie lange ein Stück
sein wird. Häufig hat das Diktat eines Stückes mit rein
persönlichen und emotionalen Gründen zu tun. Das Stück,
das ich Bunita Marcus gewidmet habe – wenn ich
mich verletzlich machen sollte –, hat mit dem
Tod meiner Mutter zu tun und mit dem Gedanken eines
langsamen Todes. Ich wollte einfach nicht, dass das
Stück stirbt. Ich habe dies also kompositorisch ge-
nutzt, um es am Leben zu halten wie einen unheilbaren
Patienten, so lange wie möglich.“
|
|
|
|
|
Veranstaltungsort:
Carl Orff Auditorium
Luisenstr. 37a
U2 Königsplatz
Gesamtkarte
20 €, ermäßigt 15 €
Karten an der Veranstaltungskasse
Pfingstsymposion
c/o Ulrike Trüstedt
Agnesstr. 39
80798 München
Tel: 089/ 272 18 56
ulrike.truestedt[at]pfingstsymposion.de
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
KünstlerInnen und ReferentInnen
Miriam
Clark
Sängerin, München
Theo Geißler
Herausgeber, Chefredakteur der Neuen Musik
Zeitung nmz, Moderator des Musikmagazins
„taktlos“ in Bayern2Radio, Regensburg
Thomas Glatz
Schriftsteller, bildender Künstler, Organisation
der Literaturbühne „Open Mic“, München
Prof. Dr. Bernhard Grom SJ
Jesuit, Religionspsychologie an der Hochschule
für Philosophie, München, Redaktionsmitglied der
Zeitschrift „Stimmen der Zeit“, München
Dr. Rainer Gruber
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik,
Garching bei München
Andreas Heckmann
Übersetzer, Autor, Literaturkritiker, München
Sabine Liebner
Pianistin, München
Prof. Dr. Thomas Macho
Lehrstuhl für Kulturgeschichte des Kulturwissen-
schaftlichen Seminars der Humboldt-Universität,
Berlin
Prof. Dr. Ulla Mitzdorf
Frauenbeauftragte der LMU München, Institut für
medizinische Psychologie, München
Dr. Jörg Schäffer
Komponist, Biochemiker, Echtzeithalle, München
Dieter Trüstedt
Künstler, Physiker, Echtzeithalle, München
Heribert Wünsch
Klavierstimmer, München
Hans Rudolf Zeller
Musiktheoretiker, Komponist, Übersetzer, München
|
|
|
|
Mit freundlicher Unterstützung:
Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft
Forschung und Kunst
Kulturreferat der Landeshauptstadt München
Privatmäzene
In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München
Träger des Pfingstsymposions Echzeithalle e.V. |
|
|
|
Konzept
und Realisation Ulrike Trüstedt |
|
|
|